Digitale Geschichten

Eine persönliche Geschichte zur Resilienz im Digitalen

Wir leben in einer Zeit riesiger Umbrüche. Konkret bedeutet das, unsere Erfahrungen von gestern werden uns nicht ins Morgen tragen. Und nur weil wir selbst etwas noch nie erlebt haben, schließt das nicht aus, dass es trotzdem passiert. Machen wir es konkret am Beispiel meiner Familie. Als warnendes Beispiel.

Ein Blick zurück in die Geschichte am Beispiel meiner Familie

Umbrüche gab es immer schon. Das erleben tagtäglich unzählige Menschen, wenn beispielsweise durch Krieg ihre Welt von heute auf morgen zusammenbricht. Meine Geschichte beginnt vor etwas mehr als 100 Jahren und sie handelt davon, dass etwas eingetreten ist, was alle für unmöglich gehalten hatten. Wir reisen zurück zum Beginn des Jahres 1918. Deutschland hatte noch einen Kaiser und befand sich im Krieg, das Land hatte enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten, die militärische Lage verschlechterte sich zusehends. Der Familie meiner Mutter ging es vergleichsweise gut. Mein Urgroßvater und seine drei Brüder besaßen große landwirtschaftliche Güter am Niederrhein. Man könnte sagen, die Familie Schmitz gehörte zu den Honoratioren der Stadt : die eigene Bank in der Kirche, jeden Sonntag fuhr die Familie mit der Kutsche vor – ein gut situiertes Leben. Mein Großvater war damals 59 Jahre alt und er fühlte seine Kräfte schwinden. Es wurde schwieriger, das Gut zu bewirtschaften. Die Grenzen zu den Niederlanden waren durch den Krieg geschlossen, deshalb konnten die Arbeitskräfte von dort nicht mehr in der deutschen Landwirtschaft arbeiten. In Deutschland selbst wurden alle jungen Männer zum Wehrdienst abberufen. Herausforderungen, denen sich mein damals 59 Jahre alter Urgroßvater nicht gewachsen sah. Er spürte das Alter. Er entschloß sich, den Hof zu verkaufen und das Geld in Kriegsanleihen anzulegen. Von dem Ertrag sollte die Familie – seine 10 Jahre jüngere Frau und die vier Kinder – ein gutes Auskommen haben.

Seiner den Erzählungen nach fitten und klugen Frau traute er die Leitung eines landwirtschaftlichen Betriebes damals nicht zu. Zwei Jahre später erkrankte mein Urgroßvater Wilhelm Schmitz an Tuberkulose. Ihr seht ihn oben im Bild. Ihr ahnt schon, wie es weiterging. 1923 war die Weltwirtschaftskrise mit der Hyperinflation und das gesamte Vermögen hatte sich sozusagen über Nacht in Nichts aufgelöst. Die Familie war mittellos, meine Großmutter hat als Hauswirtschafterin im Haushalt der Verwandtschaft gearbeitet. Gerade meine Oma hat diesen finanziellen Verlust und brutalen sozialen Abstieg verbunden mit den vielen schrecklichen Erlebnissen des zweiten Weltkrieges nie überwunden. Nach dem Krieg haben die verbliebenen Brüder ihre Besitztümer an die Mannesmann Werke verkauft. Der Stahlriese expandierte in den Jahren des Wirtschaftswunders der 50er Jahre und brauchte Land für die Erweiterung. Das machte aus den wohlhabenden Gutsbesitzern reiche Leute. Der Abstand zu dem verarmten Nachkommen von Wilhelm Schmitz wurde noch größer. Bis heute sind bei meiner Mutter Finanzen und Geldanlage ein traumatisches Thema, dem sie am liebsten aus dem Weg geht.

Fatale Fehler, die uns fragil machen: Erfahrungen der Vergangenheit in die Zukunft extrapolieren und einsame Entscheidungen

Ich teile diesen Teil der Familiengeschichte, weil sie mehrere fatale Entscheidungen zeigt, die uns nicht resilient machen, sondern im hohen Maße fragil.

Der größte Fehler war sicher die fehlende Kompetenz im Umgang mit Geld. Der deutsche Staat musste den ersten Weltkrieg finanzieren und hohe Reparationszahlungen bedienen. Die Geldpresse wurde angeworfen, die Wirtschaftskraft des Deutschen Reiches wuchs aber nicht mit. Die unabwendbare Folge: Hyperinflation. Sein gesamtes Vermögen in Kriegsanleihen anzulegen war eine absehbare Fahrt mit Vollgas vor die Wand.

Der zweite Fehler war: nur weil mein Onkel zu seinen Lebzeiten keine Hyperinflation erlebt hatte, ist das keine Garantie, dass diese nicht jederzeit eintreten kann. Wer Warnungen ignoriert mit dem Argument „das haben wir noch nie erlebt“, belügt sich selbst. Der böse Zwilling davon ist übrigens „das haben wir schon immer so gemacht“ , aber das nur nebenbei.

Dritter Fehler: Kein Vertrauen in die Fähigkeiten der Familie. Ich habe meine Urgroßmutter nie kennengelernt, wohl aber meine Oma und einige der Geschwister. Ich hätte ihnen ohne weiteres zugetraut, als junge Menschen das Gut weiterzubetreiben. Ein eklatanter Mangel an Selbstwirksamkeit und Vertrauen in andere Menschen führen zu einsamen Entscheidungen, die naturgemäß fehlerbehaftet sind.

Rezept für Resilienz: Offenheit für Neues und Selbstwirksamkeit

Zurück in die Gegenwart: Die Geschichte meiner Familie holte mich auf mehreren Ebenen im Jahr 2020 wieder ein. Ich war seit einem halben Jahr selbständig, durch Covid hatte sich mein Leben über Nacht verändert. Alle Aufträge waren weg, kein einziger Business-Termin stand mehr in meinem Kalender. Morgens dachte ich mir: Ich möchte wieder die Welt von gestern zurückhaben. Ein frommer Wunsch, der sich im Nachhinein betrachtet zum Glück nicht erfüllt hat.

2020 war kein Jahr wirklichen wirtschaftlichen Erfolges für mich, aber ich habe zumindest meinen Kühlschrank füllen können und eines der Fundamente meiner heutigen Tätigkeit gelegt, weil mein Netzwerk mich aufgefangen hat. Plötzlich war die Nachfrage nach Weiterbildung enorm hoch, es gab wenige Menschen, die Laien Blockchain so erklären konnten, dass es nicht wie eine unüberwindbare Hürde erschien, sondern eine der spannendsten technischen Errungenschaften unserer Zeit.

Mit Bitcoin war die Familiengeschichte wieder ganz nah

Mit Blockchain Technologie war sofort Bitcoin wieder präsent für mich, in 2020 und 2021 die Nachfrage nach Kursen dafür enorm. Weil ich Generalistin bin und Technologie nicht nur isoliert betrachte, sondern die Auswirkungen auf die Gesellschaft analysiere, beschäftigte ich mich intensiver mit der Geschichte des Geldes. Was macht einen über Generationen stabilen Wertspeicher aus, wie wir es beim Gold erleben? Wilhelm Schmitz aus Duisburg Ehingen schwebte mahnend im Raum. Das Thema hatte eine Bedeutung weit über die Schulung hinaus für mich.

Hyperinflation treibt bis heute Menschen massenweise ins Elend. Die Gründe sind immer die gleichen: Regierungen geben den Auftrag mehr Geld zu drucken als die Wirtschaftsleistung des Landes steigt. Das können wir bis heute in vielen Teilen der Welt beobachten: Venezuela, Argentinien, Libanon, Türkei – um nur einige Staaten zu nennen. Die Konsequenzen, wenn Währungen durch Politik gesteuert werden. Das menschliche Leid ist groß, wenn hier Fehler gemacht werden.

Bitcoin zeigt, was Trennung von Geld und Politik bedeutet

Dies war einer der Schlüsselmomente, in dem mir bewusst wurde, was die Nerd-Technologie Bitcoin Blockchain im Realen wirklich bedeutet. Ein Ausweg aus der Not. Sicherung von hart erarbeiteten Werten in Zeiten riesiger Umbrüche. Denn mit Bitcoin sind Geld und Politik plötzlich getrennt.

Die Kritiker werden nun sicher sagen: stimmt ja gar nicht, schau mal an, welche Schwankungen Bitcoin hat. Ja, das ist richtig. Er eignet sich nicht als kurzfristige Geldanlage. Wer das Geld in einem halben Jahr wieder braucht, sollte seine Finger von Bitcoin lassen. Ich denke in längeren Zeithorizonten von mehreren Jahren und Jahrzehnten.

Ein Blick auf die Weltkarte zeigt, dass ich so falsch nicht liegen kann. Nigeria, die Türkei, Venezuela liegen weit vorne bei der Nutzung von Kryptowährungen. In Nigeria oder den Philippinen sind viele Menschen von Bankenwesen ausgeschlossen. Bitcoin ermöglicht Partizipation. In all diesen Ländern besitzen mindestens 20% der Bevölkerung Kryptos (eine Weltkarte, die den Anteil nur von Bitcoin zeigt, habe ich leider nicht gefunden). Im krisengeschüttelten Argentinien erreichte der Bitcoin Kurs im Januar einen neuen Höchststand. Gerade hier ist das Vertrauen in die landeseigene Währung schwer erschüttert. Das die eigene Währung nichts wert ist, gehört zum Leben. Leider.

Doch das ist noch nicht alles. Bitcoin ist systemisch völlig anders als die Welt der FIAT-Währungen. Wir haben ein dezentrales transparentes System ohne Hierarchien. Ein maximaler Paradigmenwechsel.

Dezentrale, transparente Systeme sind antifragil

Auch an dieser Stelle kann ich aus der Familiengeschichte lernen. Die einsame Entscheidung von Wilhelm Schmitz zeigte den klassischen Fehler hierarchischer Entscheidungen: ein Single Point of Failure. Die Finanzkrise 2008 entstand auch deshalb, weil im intransparenten Bankensystem faule Kredite hin und her geschoben wurden. So lange, bis es an einer Stelle knallte: Lehman Brothers ging pleite. Die hierarchische Bankenwelt scheiterte an ihren Hierarchien und ihrer Intransparenz.

Bitcoin ist der Gegenentwurf. Systemische Transparenz und ein dezentrales Netzwerk. Jeder, der will, kann mitmachen – als Miner, Knotenbetreiber oder einfach als Besitzer von Coins. Jede Transaktion ist transparent, die gegenseitigen Kontrollmechanismen ausgefeilt. Kein Einzelner kann bestimmen. Die Entscheidung, eine Bitcoin Wallet zu haben, ist freiwillig. Anders als das Bankkonto in meiner Landeswährung. Das alleine schon zeigt das Ausmaß des Vertrauens in den Wertspeicher Bitcoin. Vertrauen ist der alles entscheidende Faktor. Einer der Gründe, warum der Run auf die Banken ein Alptraumszenario in der Wirtschaftskrise 2008 war.

Die Trennung von Geld und Politik ist zutiefst disruptiv

Bitcoin ist auch deshalb so spannend, weil die Politik höchstens durch regulatorische Maßnahmen versuchen kann, ihn zu verbieten. Fast immer vergeblich übrigens. Viel wichtiger ist, dass keine Regierung Einfluß auf die Geldmenge nehmen kann. Es wird nie mehr als 21 Millionen Bitcoin geben, das ist in die mathematischen Regeln gegossen, die kein Einzelner ändern kann. Keine Regierung kann für Bitcoin die Gelddruckmaschine anwerfen. Was das für die Weltwirtschaft bedeuten mag, können wir heute noch nicht wirklich prognostizieren.

Eigenverantwortung gibt Freiheit und macht Angst zugleich

Bitcoin bedeutet noch eines: Eigenverantwortung. Generell die Supermacht im Digitalen. Es gibt bei Bitcoin keine zentrale Bank, die meine Kreditkarte bei Diebstahl sperrt oder meine Zugangsdaten wiederherstellen würde. Dafür sind wir selbst verantwortlich. Heißt, es liegt in unserer Hand, ob wir unsere Werte sicher verwahren und gleichzeitig niemals den Zugriff verlieren.

Wer Geld in Bitcoin steckt, sollte wissen, was sie/er tut

Schon wieder muss mein Uropa Wilhelm herhalten. Blindes Vertrauen statt echte Auseinandersetzung mit Finanzen. Es macht einen Unterschied, ob wir unser Coins an den Börsen aufbewahren oder in unserer eigenen persönlichen Wallet. Bitcoin steht hier beispielhaft, wie wir mit einer grundsätzlichen Offenheit dem Neuen gegenüber Chancen nutzen, uns resilient machen. Unvoreingenommenheit ist eine andere wichtige Fähigkeit unserer Zeit.

Können wir aus Geschichte lernen?

Manches sicher. Wir können sehen, was passiert, wenn wir grundlegende Prinzipien von Resilienz nicht beachten. Manches allerdings auch nicht. Aktuell passiert soviel Neues, noch nie Dagewesenes, dass wir nur sehr bedingt Vergleiche in der Geschichte finden können. Nur eines ist sicher: Wir werden uns an den Status der Unsicherheit gewöhnen müssen. Eben nicht genau zu wissen, wie unsere Welt in einigen Jahren aussehen wird.

Die Lektion von der Geschichte? Wer auf das Neue unserer Zeit neugierig und mit offenem Herzen zugeht, für den ist diese Zeit voller Umbrüche gleichzeitig auch eine Zeit der Chancen und Möglichkeiten.

Exponentielle Veränderung ist jetzt.