Kaum aus dem Urlaub zurück, scrolle ich nach zweiwöchigem Social Media Detox durch meine News Feeds und habe schnell meinen ersten Trigger gefunden. Die aktuellste Spiegel-Titelstory, bei der er es um KI geht. Und – wie könnte es auch anders ein – wir sehen einmal wieder die Apokalypse kommen.
Es sind die Klassiker: Der Papst als Partygänger, Greta Thunberg im Flugzeug, Donald Trump im Knast und Angela Merkel in in Hawaii-Bluse am Strand. Alles Bilder, die nicht die Realität widerspiegeln, sondern laut Angabe vom Spiegel von Midjourney erzeugt wurden. Die Botschaft: KI bringt uns dazu, dass wir nichts mehr glauben können.
Diese Befürchtung ist zwar durchaus berechtigt und es ist wichtig und richtig, darüber zu diskutieren. Leider ist der Spiegel Artikel ein Beispiel dafür, wie einseitig die Berichterstattung gerade durch die Leitmedien ist.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht, und ein paar Cover Photos von Magazinen zum Thema künstliche Intelligenz aus den USA und Großbritannien herausgesucht.
Beispiel „The Economist“, April 2023
Wie man sich klug um künstliche Intelligenz sorgt
Die raschen Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz wecken sowohl Ängste als auch Aufregung. Wie besorgt sollten Sie sein?
Das Bild zeigt es schon: es werden neben der Gefahren immerhin auf die Chancen erwähnt. Beide Aspekte von KI werden erwähnt.
Beispiel Newsweek, Januar 2023
Man mag das Beispiel trivial finden, aber es zeigt die Vielfalt von KI-Einsatzmöglichkeiten – unter anderem eben als Ernährungsberater. Damit wir ein gesünderes Leben führen können. Ich würde mir wünschen, dass ich so etwas auch einmal in deutschen Magazinen lesen könnte. Ich habe danach gesucht, allerdings nichts gefunden. Bin für Hinweise dankbar, vielleicht habe ich ja nur falsch gesucht.
Beispiel: The Atlantic, September 2022
Wir sind Zeugen der Geburt eines neuen künstlerischen Mediums
Gerade dieser Artikel ist aus deutscher Sicht besonders irritierend. Er ist nämlich direkt nach dem ersten Hype um DALL-E und Stable Diffusion erschienen. Auch dieser Artikel benennt ausdrücklich die Ängst und Sorgen der Kunstwelt, zeigt aber auch die Chancen auf und sieht eine Chance für neue künstlerische Ausdrucksformen. Wow.
Auch hier habe ich nach einem vergleichbaren deutschen Artikel gesucht. Vergeblich.
Deutsche destruktive Jammerei
Mir fehlt in der deutschen Debatte die Balance zwischen Chancen und Risiken. Die Bedenkenträger scheinen die Visionäre zu überschreien. Nicht falsch verstehen. Der Spiegel Artikel hat natürlich seine Berechtigung: Es gibt eine reale Gefahr für eine Gesellschaft, wenn wir zwischen Wahrheit und Realität nicht mehr unterscheiden können. Darüber müssen wir reden. Wie schaffen wir es, dass wir Medien, Institutionen, Personen vertrauen? Wem vertrauen wir überhaupt, wem weniger? Wie verändert sich die Medienlandschaft? Warum erzielen Experten mit ihren hochwertigen Inhalten durchaus Umsätze? Weil sie Vertrauen aufgebaut haben? Lasst uns die Diskussion bitte erweitern. Auch an dieser Stelle könnten die Print-Medien einmal über ihr Geschäftsmodell neu nachdenken. Ich bin davon überzeugt, dass die Kompetenz, Vertrauen aufzubauen, über Erfolg und Scheitern entscheiden wird.
Und damit wären wir beim tieferen Grund für die destruktive Sichtweise.
Geschäftsmodell Chancen statt Risiken
Provokante These: Wir reden vielleicht auch deshalb so gerne über die dunklen Seiten von Technologie, damit wir uns nicht ernsthaft damit auseinandersetzen müssen. Ist das ein verführerischer Weg, sich nicht verändern zu müssen? Weil mit künstlicher Intelligenz ja doch nur alles schlimmer wird?
Der Haken an der Sache: Nichts zu tun, ist auch eine Entscheidung, die Konsequenzen hat. Der Rest der Welt schert sich nämlich nicht um die deutsche Bedenkenträgerei. Die Welt dreht sich weiter. Auch ohne uns.
Wir sind besser als unsere Nachrichtenmagazine
Die gute Nachricht: Zumindest in meinem Umfeld nehme ich etwas anderes wahr, abseits der negativen Schlagzeilen. Eine große Neugierde an den vielen Möglichkeiten von Generative AI. Ein Leuchten in den Augen, wenn die Chancen gesehen werden. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass ich aktuell so viele Anfragen wie noch niemals zuvor bekomme. Die meisten WOLLEN Veränderung, sie möchten ihre Zukunft aktiv gestalten:
- Mit Generative AI einen persönlichen Coach erhalten, der Lernen zu einem reinen Vergnügen macht. Der unserer unstillbaren Neugierde immer neues Futter gibt. Der uns zu neuen Denkanstößen und Erkenntnissen verhilft.
- Wir können Bildung neu denken: Fülle statt Lehrermangel, Chancengleichheit statt Verstärkung der gesellschaftlichen Spaltung
- Gesundheitswesen: Eine bessere Versorgung, bezahlbar und individuell für jeden von uns. Ärzt:innen und Pflegende können sich wieder auf das Menschliche konzentrieren. Eine riesige Chance.
Ich könnte die Liste noch lange fortsetzen, aber ich denke, es wird klar, um was es geht:
Lasst uns über die Chancen reden
Lasst uns auch darüber reden, wie es werden muss, damit es gut wird.
Erst vor ein paar Tagen habe ich ein Feedback von einer Dolmetscherin (also einem Beruf, der direkt von Generative AI tief fundamental wird) zu einem Workshop von mir erhalten: „Ich sehe jetzt Chancen und Möglichkeiten, die ich vorher nicht gesehen habe. Ich mache mich jetzt an die Umsetzung meiner neuen Ideen.“
Panikmache, Angst helfen uns nicht. Sie blockieren. Wir kommen in Bewegung, wenn wir Chancen für uns sehen. Dann haben wir auch die Energie, den Risiken ins Gesicht zu schauen. Das ist aus meiner Sicht der einzige Weg, die „German Angst“ zu überwinden: Mit dem Meer der Möglichkeiten beginnen, dann die Risiken abwägen. Und sich von dem Gedanken verabschieden, alle Risiken schon jetzt erkennen zu können und sich dagegen abzusichern.
Der Weg entsteht beim Gehen
Zur Wahrheit gehört auch: Die Veränderung ist so schnell, dass wir die hundertprozentige Risikoabsicherung vergessen können. Die war sowieso immer nur eine Illusion.
Zeiten der Veränderung bergen jeden Menge Möglichkeiten. Wenn wir uns öffnen. Wenn wir die Chancen sehen. Dann entsteht keine Angst vor Veränderung, sondern eine Sehnsucht danach.
Der Weg entsteht beim Gehen.
Digitalisierung verändert. Alles.