Ein paar Einsichten von der Farm and Food 4.0 in Berlin: Zum einen (natürlich), dass auch hier die Mechanismen der Digitalisierung Einzug halten. Egal ob John Deere oder Claas: Die großen Anbieter von Landmaschinen richten sich darauf aus, dem Landwirt aus Daten handfeste Services zu liefern, die den Verbrauch von Ressourcen verringern und den wirtschaftlichen Gewinn erhöhen sollen.
Nachhaltigkeit und mehr Gewinn durch Big Data
Die Landmaschine selber wird nur noch eine Komponente von vielen sein. Das beginnt mit der Auswertung von Langzeit-Wetterdaten in Verbindung mit Geodaten der Felder und einer aktuellen Wetterprognose. Wann ist der passgenaue Zeitpunkt zum düngen, wässern, ernten und verkaufen. Lohnt sich eine Lagerhaltung, weil der Marktpreis beispielsweise für Weizen in den nächsten Wochen steigen wird? Das bedeutet also, die Erkenntnisse werden nur noch zum Teil aus den Daten des Hofes gewonnen, sondern viel mehr aus der Kombination von vielen unterschiedlichen Quellen. So weit, so vorhersehbar für alle, die die Mechanismen der Digitalisierung kennen.
Caleb Harper: Aus Daten die idealen Bedingungen für gesunde, nährstoffreiche Nahrung schaffen
Schaut man sich an, womit sich gerade das MIT beschäftigt, erschließen sich noch ganz andere Potentiale aus Daten: Die Open Agriculture Initiative denkt die Erzeugung von Nahrungsmitteln neu: Transparente Herstellung, Vernetzung der Menschen und deren Wissensaustausch und dezentraler Anbei. In seinem TED-Talk bringt Caleb Harper es auf den Punkt
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„Wer Klima in Code beschreiben kann, kann Geschmack und Nährwerte codieren.“
Und zwar in sogenannten Food Computern – vereinfacht gesagt: Gewächshäuser, die die idealen Bedingungen für jedwedes(?) Lebensmittel nachbilden können auf Basis von Datenanalysen – Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Lichtzusammensetzung und Nährstoffe. Und das komplett OpenSource – wer will, kann sich solch einen Food Computer selber nachbauen, die Anleitungen sind auf der Webseite geteilt. Und natürlich inklusive Schulungen und Erfahrungsaustausch.
(Quelle: https://www.aspeninstitute.org/blog-posts/farming-future-looks-nothing-like-today/)
Es geht hier also keinesfalls um die sprichwörtlichen Hollandtomaten, die das Sinnbild für das entseelte Lebensmittel als Massenware geworden ist. Ob berechtigt oder nicht, sei einmal dahingestellt. Caleb Harper weist den Weg zu einem kompletten Paradigmenwechsel: Bislang liegt der Fokus bei der Produktion von Lebensmitteln auf niedrigen Kosten, Massenproduktion und Transportfähigkeit. Mit den Food Computern könnte die Erzeugung von Lebensmitteln wieder dezentral in die Hände von Millionen Individuen gelangen.
Eine Idee für Innenstadt-Konzepte?
Es hängt ja immer alles mit allem zusammen, in diesem Falle mit autonomen Fahrzeugen und den sich verändernden Innenstädten. Ralph Siepmann hat ja hier schon einige Artikel zu den Herausforderungen der Innenstädte durch den Online Handel und mögliche Lösungsansätze geschrieben. Der Druck, sich dem Wandel zu stellen, wird zunehmen, wenn sich die Anzahl der Autos durch autonome Fahrzeuge drastisch verringern wird. Wie geht man mit nicht mehr benötigten Parkhäusern um? Das wäre doch eine Lösung für eine Neunutzung. Und natürlich auch in Wohn- und Bürogebäuden. Und warum soll man nicht Bürgern zu Microfarmern machen, die Parkflächen zum Anbau von Obst- und Gemüse nutzen – sogar ganz ohne Foodcomputer. Mit „natürlichem“ Klima und Boden. 🙂
Ob sich diese Ideen wohl durchsetzen werden? Ein weiterer Beleg dafür, dass wir un spannenden Zeiten leben.