Digitale Geschichten

#Suezide: Chaos im Spaghetti-Topf

Als wäre der Stresstest für die globalen Lieferketten durch die Pandemie nicht schon groß genug, wurde der Suezkanal knapp eine Woche durch eines der größten Containerschiffe der Welt blockiert. Dies war kein Zufall, sondern ist ein Beispiel, wie ein System so lange Richtung Effizienz getrieben wird, bis es bricht. In diesem Fall waren es die Gesetze der Hydrodynamik: Die immer gigantischeren Schiffe, die Querschnittsform des zu schmalen Kanals und ein Sandsturm mussten fast unweigerlich zu solch einem Ereignis führen. 

Lasst uns gemeinsam die Unternehmen anschauen, die trotz Covid und #Suezide erfolgreicher als andere agiert haben. Welche Rolle spielt die Logistik dort im Unternehmen, welche Technologien werden eingesetzt?  

Logistik ist ein Synonym für Komplexität

Lieferketten sind komplexe Systeme, schwer zu durchschauen. Da ist er wieder – der berühmte Spaghettitopf, den Frédéric Laloux so trefflich beschreibt: die Vernetzung und die Abhängigkeiten sind so vielschichtig, dass wir alleine durchs Draufschauen nicht wissen, wie sich die Pasta verschiebt, wenn wir an einem Spaghetti ziehen. Ursache und Wirkung sind also nicht mehr linear. 

Dies bestätigt mir Tobias Staehle, Direktor IOT/SCM bei Oracle. Der so pauschale wie abgenutzte Begriff “Digitalisierung” ist kein Zauberwort, das alle Probleme magisch löst. Tobias bringt es auf den Punkt: 

Eigentlich liegt es ja auf der Hand: Im Internet der Dinge – das immer genauere digitale Abbild der realen Welt – ist es möglich, sehr genau zu sagen, wo sich welcher Artikel gerade befindet. Wir kennen es von unseren Online-Bestellungen: Wenn der Lieferdienst uns bis auf die Stunde genau ankündigt, wann unser Paket morgen ankommen wird. 

Wir reden hier also über Erkenntnisse aus Daten. Dabei geht es bei weitem nicht nur darum, Ihrem Kunden präzise sagen zu können, ob und wann der bestellte Artikel geliefert wird. Es ist essentiell zu wissen, ab wann Ihre eigene Produktion auf Engpässe bei der Lieferung bestimmter Teile zuläuft – vielleicht weil mehrere Wettbewerber auf einen einzigen Zulieferer setzen. Es geht also auch um das Zusammenspiel im Gesamtsystem Logistik. An dieser Stelle nähern wir uns einem anderen Problem: die fragmentierte Datenhaltung. Jeder kocht sein eigenes Süppchen – halt also seine eigene Anwendung. Im besten Falle funktionieren die digitalen Schnittstellen einigermaßen. Oft genug wandern noch Papiere über die Schreibtische. 

Wenn Transparenz entscheidend ist, ist die Blockchain nicht weit

Wenn eine Technologie für systemische Transparenz steht, dann ist es die Blockchain. Nicht umsonst finden wir eine der größten praktischen Anwendungsfälle in der Supply Chain. Grund genug, einmal wieder Lukas Puender vom Startup retraced anzurufen: drei junge Gründer, die Nachhaltigkeit und Fashion zusammenbringen. (hier geht es zur ganzen Geschichte)

retraced bietet Fashion Brands über ihre Blockchain (Basis: Oracle Blockchain-As-A-Service) die Möglichkeit, Nachhaltigkeit sichtbar zu machen. Keine triviale Aufgabe bei der Vielzahl der Beteiligten in der Textilindustrie. Nur wer transparent Lieferanten und Produktionsstandards nachweisen kann, ist für uns Endkunden glaubhaft: Wie umweltschonend wurde die Baumwolle angebaut, wie fair sind die Löhne der am Herstellungsprozess Beteiligten? Wer das schafft, hat einen schönen “Neben”effekt: Lieferantenmanagement auf einem ganz neuen Level. Entsprechend steil ist die Erfolgskurve von retraced. Die Krise hat dem Unternehmen nichts anhaben können. Ebenso haben die Kunden von retraced – die Fashion Brands – den entscheidenden Wissensvorsprung, wenn die globalen Lieferketten durcheinander geraten. 

Gerade bei den Lieferketten wird der enorme Vorteil der Blockchain deutlich: Das verteilte System, in dem keiner alleine über die anderen bestimmen kann und keiner manipulieren kann, ohne dass es sofort sichtbar wird. Viele verschiedene Unternehmen, die sich gegenseitig nicht trauen, nutzen eine gemeinsame Datengrundlage. Damit sind Datensilos passé und die Kapazitäten von Zulieferern können schneller und besser aufgeteilt werden. 

Wer Logistik noch mit Blatt und Bleistift angeht, hat in dem multidimensionalen System der Lieferketten keine Chance

Unternehmen, die meinen, ihre Logistik noch mit einem Blatt Papier, einem Bleistift und der persönlichen Erfahrung beitreiben zu können, sind in diesen Zeiten verloren. Die Produktions- und Lieferketten müssen in der Tiefe durchdrungen werden, damit eventuelle Engpässe der Zulieferer und deren Zulieferer frühzeitig erkannt werden. Schauen wir auf die Automobilbranche: die OEMs sind technologisch weit vorne mit dabei, eventuell noch die Tier 1 Zulieferer. Doch wie sieht es bei den Tier 2 und 3 Zulieferern aus? 

Wenn die Risiken immer weiter ansteigen, ist die digitale Analyse von Lieferketten Pflicht

Mckinsey hat es in einer aktuellen Studie deutlich gemacht: Die Wahrscheinlichkeit, dass globale Ereignisse die Lieferketten aus dem Gleichgewicht bringen, wird immer größer – alleine schon durch den Klimawandel. Die Dringlichkeit, Logistik mittels Informationstechnologie zu durchdringen, steigt. Es ist also überlebensnotwendig zu wissen, wo die Schwachstellen im System sind. Beziehen zum Beispiel mehrere Tier 2 Zulieferer Komponenten von einem einzigen Unternehmen? 

Wer die Schwachstellen erkennt, kann Resilienz aufbauen. Sich nicht von einigen wenigen Zulieferern abhängig zu machen, ist eine davon. Eine andere ist es im Katastrophenfall schnell zu agieren und zwar im Gesamtunternehmen. Logistik ist kein Silo, sondern liefert Vertrieb und Marketing die entscheidenden Informationen

Nike zeigt: Das Zusammenspiel von Technologie und agilen Arbeitsweisen bringt den Vorsprung

Nike weiß sehr genau, wo sich welche Güter befinden. Alle Zulieferer sind über eine Plattform verbunden. Als die Pandemie zuschlug, haben sie die Lieferströme kurzfristig umgeleitet: weg von den Einzelhandelsgeschäften hin zu den Logistikzentren, die die Online-Bestellungen ausliefern. Gleichzeitig wurde die Marketingstrategie angepasst: es wurden nur noch die Artikel beworben, die sofort verfügbar waren. Artikel für die kommende Saison, die wegen der Beschränkungen in China nicht produziert werden konnten, wurden aus den Kampagnen herausgenommen. (Quelle: The McKinsey Podcast)

Zusammenarbeit ist die Kernkompetenz eines digitalen Unternehmens

Was einmal wieder ein Beleg für das entscheidende Kriterium der Digitalisierung ist: die Fähigkeit eines Unternehmens, Abteilungssilos aufzubrechen, in agilen übergreifenden Teams transparent Informationen zu verarbeiten und täglich neu lernen.

Digitalisierung verändert. Alles.